Liebe Viola und Trauernde,
Es ist jetzt lange her, dass ich Rainer traf. Am Anfang, dass muss ich offen zugeben, hatte ich Respekt und auch einbisschen Angst vor Rainer. Vor seiner großen Statur und vor seiner lauten und tiefen Stimme.
Viola hat mir damals gesagt, dass die Großen Reiter ihn oft vermissen, wenn er keinen Unterricht bei ihnen macht. Damals habe ich das nicht verstanden. Doch heute tu ich das.
Als eine seiner Reitschülerinnen, habe ich viel bei ihm gelernt. Er hat mit mir Tiefen durchgestanden, wie zum Beispiel letzten Winter, wo ich fast jede Stunde heulend auf dem Pferd gesessen habe und nichts geklappt hat.
In den Reitstunden hat er mir immer gesagt, dass ich auf meine Füße aufpassen soll. Jede Stunde hat er gesagt: "Achte auf deine Fußspitzen und Absätze". Später hatte er dann nur noch "Leilani, Füße!", gesagt und ich wusste sofort was gemeint war.
Mit jeder Stunde habe ich ihn mehr zu schätzen gelernt.
Einmal, das war ein Donnerstag, saß ich viereinhalb Stunden mit ihm in seinem Büro und haben uns verquatscht. In diesen Stunden, ist meine Wertschätzung gestiegen. Er hat mir zugehört, mir Ratschläge gegeben und auch Pläne mit mir gehabt, die mich auf meine Zukunft vorbereiten. Das es nun dazu nicht mehr kommt, tut unglaublich weh.
Rainer hat mir mehr gegeben, als nur die Reitanleitung. Ich lernte bei ihm, schlagfertig zu sein; was die ein oder andere zweideutige Bemerkung bedeutet und die zwei wichtigsten Dinge, die mir am meisten im Gedächtnis bleiben:
"Stell niemals dein Licht unter den Schöffel!" und "Keiner hat das Recht, dich runterzumachen!"
Rainer hat oft gesagt, dass er nur ein Lebensabschnittsbegleiter ist. Der Gedanke daran hat mir schon oft Pippi in die Augen versetzt. Doch ich dachte dabei nur daran, dass ich irgendwann weg gehen muss, aufgrund von Ausblidung, Umzug, Heirat, etc. Aber ich dachte nicht daran, dass er irgendwann weg ist. Das war so nicht abgesprochen, Rainer!
...
Heute verstehe ich, was Viola damals meinte..
Seine laute Stimme hallt heute in meinem Kopf. Ich hatte zum Schluss keine Angst mehr- Respekt allerdings.
Wenn jemand stirbt, ist das scheiße, beschissen und fühlt sich einfach nicht richtig an. Ich glaube nicht an eine Regenbogenbrücke oder den Himmel als solches.
Ich glaube an eine Auferstehung, dass Rainer einmal wieder auf der Erde leben wird. Dass Gott ihn uns wiederbringt und er mich einmal wieder unterrichten wird
("Von der Macht des Grabes werde ich [Gott] sie erlösen.
Vom Tod werde ich sie zurückholen"~ Hosea 13:14).
Jeder soll das glauben was er will. Ich halte mich an diesem Gedanken fest und hoffe, dass er etwas tröstlich für euch alle sein kann.
Ich vermisse Rainer. Seine Sprüche, sein Lachen, seine verzweifelten Seufzer, seine ganze Art.
Und Viola: meine Unterstützung hast du! Ich bin da, wenn du Hilfe brauchst. Das ist das Mindeste, was ich nach über 10 Jahren wundervollster Betreuung machen kann!
Ich werde dich nicht vergessen, Rainer! Und, ich arbeite an meinen Füßen, versprochen!